Dagmar Lippok
RITTERSAAL, 2009/2024, 3 Standarten mit bedruckten Bannern und Posamenten, jeweils 110 x 280 x 60 cm
Im Sport, vor allem aber im Fußball, ist der Wimpel ein allseits bekanntes Objekt: Vor jeder Partie treffen die Kapitäne am Mittelkreis aufeinander, begrüßen sich per Handschlag und tauschen ihre Vereinswimpel aus. Ein identitätsstiftendes Ritual und ein Symbol für die freundschaftliche Beziehung der, sich in wenigen Minuten als Gegner auf dem Platz gegenüberstehenden, Mannschaften.
Feuerwehr-, Schützen-, Musik-, Karnevalsvereine und viele mehr besitzen darüber hinaus einzigartige Standarten, deren Stoffe, Farben und Symbole die ortsspezifische Entstehungsgeschichte schildern. Von klassischen Wimpeln unterscheiden sie sich in ihrer Komplexität sowie in der Größe, aber auch hinsichtlich ihrer ursprünglichen Funktion: Sie dienten beim Militär u.a. als Erkennungszeichen der verschiedenen Einheiten, das auch von weithin sichtbar ist.
In ihrem Auszug aus der Installation „Rittersaal“ kombiniert Dagmar Lippok beide Elemente: Drei Vereinswimpel, die nach osteuropäischen Spielbegegnungen des BVB in den 90er Jahren die Trophäenwand des Dortmunder Fanprojektes zierten, wurden um das 10fache vergrößert. Aus Wimpeln sind Standarten geworden und spielen auf den Zusammenhang von Fußball und Militär an. Dieser wird auch im Sprachgebrauch offenbar: Der Schuss, der Angriff, die Abwehr, die Truppe, etc.
Im BraUturm, in der obersten Etage des Dortmunder U platziert, mag der allseitige Blick über die Dächer der Stadt sowie auf den angrenzenden Wall, an eine Festung oder Burg erinnern. Der erhöhte Blick auf die Ländereien ermöglicht eine bessere Verteidigung. Im Zusammenspiel all dieser Aspekte stellt Lippoks Arbeit einen spannenden Kontrast zwischen harmonischem Miteinander durch Zusammengehörigkeit und Kriegsmetaphorik her.
Dagmar Lippok (geb. in 1963 in Sokolov, CZE, lebt und arbeitet in Dortmund) studierte Objekt- und Raumdesign an der FH Dortmund. Ihre Arbeiten versetzen den Menschen in eine emotionale Versuchsanordnung, die zur Benutzung verführt und komplexe Inhalte des Ortes thematisiert. Zur WM 2006 in Dortmund, Köln und Gelsenkirchen realisierte sie das Kunstprojekt „MARKETENDERIN“, angelehnt an die aus dem Mittelalter stammende Bezeichnung für Frauen, die für die Begleitung, Betreuung sowie leibliche und medizinische Versorgung der Soldaten verantwortlich waren. Darüber hinaus realisiert Lippok inklusive und partizipative Projekte, wie 2023 die Gruppenausstellung love/love im Künstlerhaus Dortmund.
Webseite der Künstlerin
Instagram: @dagmar.lippok
Text: Linda Schröer
Foto: Jens Sundheim