Fräulein Müller
Ich war linke Verteidigerin in der ersten Frauenfußball-Nationalmannschaft. 140 Länderspiele haben wir bestritten, obwohl der Frauenfußball in den 50er und 60er Jahren verboten war.
Renate Breß wurde 1937 am Borsigplatz geboren. Damals hieß sie Müller und wollte nur eins: Fußball spielen. Sie wurde Teil der Damenmannschaft Fortuna Dortmund 55 und - anders als die Männer - hatten die Spielerinnen Probleme, Plätze zu finden, auf denen sie spielen durften. Der Westdeutsche Fußballverband hatte untersagt, Frauen dort spielen zu lassen.
Manager Josef Floritz hatte dann die Idee, aus dem Frauenfußball eine Tournee-Attraktion zu machen. Er gründete einen Frauenfußball-Verband, stellte eine Frauen-Nationalmannschaft zusammen, in der Breß und ihre Dortmunder Teamkolleginnen spielten, unterstützt von Fußballerinnen aus München, Nürnberg, Essen und Oberhausen.
Diese Mannschaft trat fast jedes Wochenende an, spielte in ganz Deutschland und gegen Frauenmannschaften aus Holland oder England. Doch finanziell hatten sie nichts davon. Mit den Eintrittsgeldern finanzierte das Management den Bus und die Unterkünfte - mal gab es ein Taschengeld für ein Getränk an der Raststätte, einmal ein kleines Portemonnaie zur Erinnerung an den Sieg - „aber wirklich bezahlt wurden wir nie“, so Breß.
Zehn Jahre lang waren die Dortmunderinnen in Sachen Fußball unterwegs. Dann verstarb Josef Floritz - die Mannschaft löste sich auf. Renate Breß war um die 30 Jahre alt, heiratete und bekam ein Kind.
Erst im Herbst 1970 hob der DFB das Vereinsverbot für Frauen auf -1982 fand das erste offizielle Länderspiel einer deutschen Frauennationalmannschaft statt. 1989 gewannen die Frauen die Europameisterschaft - und: ein Kaffeeservice.
Mehr zur Lebensgeschichte von Renate Breß auf der Website der Nordstadtblogger.
Ihre Fußballschuhe und das kleine Portemonnaie aus Seide sind ab 13. Juni im BraUturmzu besichtigen.
Text: Daniela Berglehn
Fotos: privat / Repro: Susanne Schulte, Leopold Achilles